Über Internetbewertungsportale


Nicht alles, was im Internet erscheint, ist gut. Eine ganz schlimme Sache sind die Bewertungsportale, die anonymer Verleumdung Tür und Tor öffnen und keinerlei Informationswert besitzen. Diese "Arztbewertungsportale" können ohne Einwilligung des Arztes seine Praxisdaten verwenden. Die Namen der anonymen Denunzianten müssen nicht preisgegeben werden.

So erkärt der Betreiber eines solchen Portals selbst: "Bei einzelnen Bewertungen kann es durchaus vorkommen, dass das entstehende Bild nicht die Meinung der Mehrzahl der Kunden des Arztes widerspiegelt. Das gilt insbesondere bei negativen Bewertungen. Oft ist es so, dass enttäuschte Patienten aktiver sind als Durchschnittspatienten oder zufriedene Patienten. Deshalb kann ein negatives Bild des Arztes entstehen, obwohl vielleicht die überwiegende Anzahl der Patienten gute Erfahrungen gemacht haben."

Ich möchte hier einige Beispiele für solche anonymen Beschimpfungen zitieren, die ich aus dem Internet kopiert habe. Ich möchte betonen, daß ich keinerlei Kenntnis davon habe, welche Patienten das ins Netz gestellt haben, und daß ich nicht einmal weiß, ob es wirklich Patienten von mir waren.

"Wenn ich einen Arzt braucht der sagt "Ich glaub Ihnen nicht" dann kann ich auch mit ner Wand reden die hilft mir Psychologisch mehr DANKE Habt ihr Lernstress und Blackouts in Prüfungen trotz Wissens des Themas voll versagen?" Halten Sie es für möglich, daß Examensangst nicht der einzige Grund des Prüfungsversagens dieser Person ist? (Rechtschreibung des Patienten)

Ein anderes Beispiel: "Um es kuez und bündig zu formulieren: In der psychiatrischen Notaufnahme im Karlsruher Klinikum hat man mir dringenst zu einer Therapie geraten, bewerteter Arzt meinte in etwa "Sie haben nichts, Kopf hoch, verlieren Sie nicht die Nerven!" (Rechtschreibung des Patienten)

Diese Äußerung habe ich so gewiß nicht getan. Der Patient hätte offensichtlich gerne eine Therapie bei mir gemacht und fühlt sich nun gekränkt und zurückgewiesen. Sicher habe ich versucht, ihm zu erklären, daß mein Psychotherapieverfahren für ihn nicht geeignet ist. Die Reaktion des Patienten zeigt, daß eine Therapie mit ihm sehr schwierig geworden wäre.

Es fällt übrigens auf, daß die Personen, die negative Bewertungen abgaben, gar keine Psychotherapie bei mir machten. Aus den angegebenen Behandlungszeiten ergibt sich, daß sie höchstens drei Sitzungen hatten. Zu einer Therapie kam es wohl nicht, weil ein Mangel an Selbstkritik eine Verständigung unmöglich machte.

Auch der folgende kuriose Eintrag findet sich in einem Arztbewertungsportal: "Wo sind die anderen Bewertungen geblieben? Es waren insgesamt 9." Anscheinend war da jemand besonders fleißig.

Und nun noch ein ganz übles Beispiel: "Ich habe es noch nie erlebt das ein Arzt selbst die Termine nicht einhält. Aber auch das soll es geben, und wenn man ohnehin schon in einer Depression steckt und beim Arzt die Tür nicht geöffnet bekommt obwohl man einen Termin hat, kann das ganz schön schlimm sein. Da frägt man sich doch, ob das eine Abzocke bei der Krankenkasse werden soll." (Rechtschreibung des Patienten)

Termine werden bei mir schriftlich vereinbart. Dadurch kann der Patient belegen, daß es meine Schuld wäre, wenn ich einen Termin versäumen würde. Aber ich kann nicht verhindern, daß jemand den Terminzettel wegwirft und sich dann im Termin irrt. Natürlich stelle ich keine Termine der Krankenkasse in Rechnung, die gar nicht stattgefunden haben. Das wäre Abrechnungsbetrug und würde mich die Zulassung kosten.

In diesem Fall habe ich den Rechtsweg eingeschlagen.

Im Namen des Volkes hat das Amtsgericht Langen durch die Richterin Prass für Recht erkannt, daß die Klage abgewiesen wird.

Einige Zitate aus dem Urteil. Meine Sozialsphäre sei nicht schützenswert. "Dabei genießen besonders hohen Schutz solche Daten, die der Intim- bzw. Privatsphäre zuzuordnen sind." "Bei der von dem Nutzer vorgenommen Bewertung handelt es sich insgesamt um Werturteile, die ausschließlich die Sozialsphäre des Klägers tangieren."

Auch die Wahrheit der Behauptungen spielt keine Rolle. Der Betreiber des Portals hat meinem Anwalt mitgeteilt: "Wir gehen davon aus, daß Ihr Mandant uns aufgrund seiner ärztlichen Schweigepflicht keine Beweise für die Falschheit der Tatsachenbehauptung geben kann."(Schreiben vom 29.07.10) Die Richterin weiß einen Weg aus dieser Klemme. "Der objektive Leser... wird ohne weiteres den Schluß ziehen, daß bezüglich des beanstandeten nicht eingehaltenen Termins möglicherweise eine negative Einzelserfahrung eines Patientin geschildert wird." Es genügt also, daß die Behauptungen wahr sein könnten.

Aber schon deshalb spielt die Wahrheit nicht die geringste Rolle, da es sich "insgesamt um Werturteile" handle. "Daran ändert sich dadurch, daß die vorgenommene Meinungsäußerung auch einen Tatsachenkern aufweist, nichts." Werturteile dürfen aber vorgenommen werden, die Tatsachen dazu darf man erfinden. Ich muß die Erkenntnisse der Gerichts also wohl folgendermaßen interpretieren:

  1. Meine soziale Sphäre ist nicht schützenswert.
  2. Jeder kann mich anonymen negativ bewerten, d.h. herabsetzen.
  3. Tatsachen spielen keine Rolle.

Ich kann hier nur meine Verwunderung über dieses Gedankengut zum Ausdruck bringen, das mir auch irgendwie bekannt vorkommt. Soche Urteile öffnen der Verleumdung Tür und Tor. Manche Personen geben immer wieder neue Bewertungen abgeben, obwohl sie nur einmal in meiner Praxis waren.

Alle meine Patienten, mit denen eine Psychotherapie zustande kommt, sind sehr sensible, intelligente, anständige Menschen, die aufgrund ungünstiger Erfahrungen in ihrem Leben in psychische Schwierigkeiten geraten sind, an deren Beseitigung sie arbeiten möchten. Solche Patienten sind bei mir immer willkommen.

Es gibt aber auch zwischenmenschliche Problemfälle, die mit nichts und niemandem zurechtkommen, und die einen Therapeuten aufsuchen, um herauszufinden, wer für ihre Misere verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Problem hinweisen, mit dem sich jeder Mensch konfrontiert sieht, der freundlich, offen und engagiert auf solche Personen zugehen möchte. Es wird in dem Buch "Verhaltenstherapie" (herausgegeben von M. Linden, M. Hautzinger, 3. Auflage) angesprochen, in dem W. Schulz erklärt: "Heute wird von niemandem mehr bestritten, daß die Herstellung und Aufrechterhaltung einer guten therapeutischen Beziehung zu den vorrangigen Aufgaben eines Therapeuten gehört." (Seite 9) Derselbe Autor weist aber auch auf Schwierigkeiten hin. "Im Alltag hat es der Therapeut immer wieder mit Patienten zu tun, die über keinerlei Voraussetzungen für die Etablierung einer guten therapeutischen Beziehung verfügen. ... zum Beispiel kommt es immer wieder vor, daß sie auf emotionale Unterstützung und Freundlichkeit mit kalter Verachtung reagieren oder daß sie die Bemühungen des Therapeuten zynisch entwerten." (Seite 12) In Amerika ist es nicht anders. Denn ähnliche Feststellungen finden sich auch im DSM IV, der maßgebenden wissenschaftlichen Klassifikation psychischer Krankheiten durch die amerikanische psychiatrische Assoziation. "Die Betroffenen wechseln u.U. unvermittelt von der Rolle eines bedürftigen hilfesuchenden Bittstellers in die eines hochnäsigen Rächers vergangener Behandlungsfehler." (DSM IV S. 735)

Leider kann man sich nur ungenügend davor schützen, daß man von zwischenmenschlichen Problemfällen aufgesucht wird, für die ich wirklich nicht der richtige Therapeut bin. Trotz meiner Bemühungen, eine gute Beziehung herzustellen, kommt es bei diesen Personen meistens nur zu einer oder zwei Sitzungen. Solche Leute suchen auch nach Jahren noch oder wieder einen Therapeuten und stoßen dabei auf Sanego, wobei ihnen dann einfällt, daß sie ja mit mir noch eine Rechnung offen haben, weil ich sie nicht "verstanden" hätte.

Natürlich möchte ich nicht behaupten, daß ich immer alles richtig machen würde, was bei der Komplexität des psychotherapeutischen Verfahrens wohl auch kaum möglich wäre. Aber Fehler lassen sich immer korrigieren. Die meisten Patienten machen die Erfahrung, daß sich im Verlauf einer Therapie die Symptome rasch zurückbilden und die Fähigkeit, Probleme zu lösen, deutlich verbessert werden kann.

Ich bedanke mich für die Lektüre dieses Abschnitts und für ihr Verständnis.